PRIMARK
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Die Fakten

Wir stellen vor: Ann Sunil, Projektmanagerin für den Bereich Ethical Trade in Indien

Viele Menschen wissen nicht, wie aktiv Primark in die Fabriken, die unsere Produkte fertigen, eingebunden ist. Deshalb möchten wir die Gelegenheit nutzen, um euch die Arbeit unserer großartigen Kolleg*innen vor Ort näher vorzustellen. Eine davon ist Ann Sunil, die in ihrer Rolle als Projektmanagerin für den Bereich Ethical Trade Fabrikarbeiter*innen in Indien stärkt und bildet und somit echte Veränderungen im Leben der Menschen hinter den Produkten bewirkt.

Feb. 3 · 2

In unserem Interview mit Katharine Stewart haben wir bereits erwähnt, dass alle Fabriken unserer Lieferanten geprüft werden, bevor wir unsere Produkte darin fertigen lassen. Anschließend werden sie mindestens einmal im Jahr einer Prüfung unterzogen, doch nicht genug. Unsere Projektmanager*innen vor Ort leiten Programme, die die Arbeitskräfte in den Fabriken weiterbilden, bestärken und unterstützen – und Ann tut genau das für den Raum Indien.

Ihre Rolle als Projektmanagerin für den Bereich Ethical Trade klingt nicht gerade einfach, aber was genau macht sie? „Meine Aufgabe besteht darin, die Arbeitskräfte in den Fabriken unserer Lieferanten, die sich hauptsächlich im Süden Indiens befinden, zu bestärken. Mit ‚bestärken‘ meine ich, dass ich den Arbeiter*innen aus den unteren sozialen Schichten dabei helfe, ihre Arbeitnehmerrechte sowie ihre Aufgaben in der Fabrik genau zu kennen, und ihnen das Wissen vermittle, das sie für die Durchsetzung ihrer Rechte und das Ergreifen von Chancen brauchen.“

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Die Arbeiterschaft in den indischen Fabriken ist sehr durchmischt. Einige Arbeiterinnen kommen aus armen Verhältnissen oder sind Arbeitsmigrantinnen. Andere sind Frauen, für die es die erste Arbeitsstelle ist, und all diese Faktoren machen sie angreifbar. „Mit ‚angreifbar‘ meinen wir Arbeitskräfte, die noch unerfahren sind und zum ersten Mal einer geregelten Arbeit nachgehen oder aus einer anderen sozialen Schicht kommen“, so Ann.

Angesichts dieser einmaligen Aufgaben interessiert es uns, wie Ann eigentlich zu Primark und den Kleiderfabriken im Allgemeinen gekommen ist. „Das ist eine gute Frage“, sagt sie lächelnd. „Nachdem ich lange Zeit im NGO-Sektor, also für nichtstaatliche Organisationen, gearbeitet habe, wollte ich zu einem Unternehmen wechseln, weil sie eine große Rolle in der sozialen Entwicklung spielen. Meine Interessen und Projekte sind über die Jahre gereift und als ich die Stellenausschreibung von Primark sah, wusste ich, dass ich die richtigen Erfahrungen mitbringe und dass mir Primark dabei helfen würde, meine Interessen zu wahren.“

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Mit knapp 20 Jahren Erfahrung im Sozialwesen zählt Ann zu den Expertinnen auf ihrem Gebiet. „Seit 19 Jahren arbeite ich nun schon im Bereich der sozialen Entwicklungsförderung. Den Großteil davon habe ich bei NGOs verbracht. In meiner Arbeit leite ich regelmäßig Projekte zur Armutsbekämpfung und begleite die verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen wie etwa Frauen, Kinder, Stammesgemeinschaften und Menschen mit Behinderungen. Zu meinen Aufgaben gehört es, diese Menschen aufzubauen, ihnen Verantwortung zu übertragen und Fertigkeiten zu vermitteln und ihnen beim Zugang zum Arbeitsmarkt zu helfen.“

Da unsere Kundschaft und Mitarbeiter*innen nur selten einen persönlichen Blick in eine Kleiderfabrik werfen können, insbesondere wenn sich diese in Indien befindet, wollen wir von Ann wissen, wie die Arbeit in einer Fabrik denn eigentlich aussieht. „Die Menschen hinter den Produkten sind genauso wie wir. Sie haben Wünsche und Träume, die sie verwirklichen möchten. Viele von ihnen haben eine Menge zu erzählen. Sie wollen ihre Familie unterstützen oder Neues lernen und Die Arbeit macht ihnen Spaß. Es ist ihnen ausgesprochen wichtig, unabhängig zu sein, und mit dem Geld, das sie verdienen, können sie das auch.“

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Das klingt ja nach einem richtigen Gemeinschaftsgefühl in einigen der Fabriken unserer Lieferanten. Ann bekräftigt das: „In einigen Fabriken herrscht eine geradezu festliche Stimmung. In der Umgebung der gut gelaunten jungen Frauen fühlen auch wir uns jung und das schafft ein gutes Ambiente. In den Fabriken läuft die Filmmusik bekannter indischer Streifen und unsere Programme finden bei ihnen großen Anklang. Sie freuen sich darauf.“

Da Ann einen großen Teil ihrer Zeit in den Fabriken verbringt, haben wir bei ihr nachgehakt, was es denn mit den Klischees der Fabrikarbeit auf sich hat. „Bei den jungen Frauen habe ich das Gefühl, dass sie wirklich da sein wollen. Manche Eltern sagen sogar, sie seien in der Fabrik sicherer als zu Hause. Dass sie Geld verdienen, macht in ihrem Leben einen großen Unterschied, weil sie unabhängig werden wollen. Wir müssen die Vorstellung, dass Fabrikarbeit hart ist, ablegen, denn das ist nicht so und das sieht man den Arbeiter*innen auch an.“

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Erzähl uns ein bisschen mehr über die Projekte, die wirklich etwas bewegt haben. „Ein Projekt, das mir sofort in den Sinn kommt, heißt ‚My Life‘. Bei diesem Programm klären wir die Arbeitskräfte über Löhne, Arbeitsverträge, die Entwicklung von Kommunikationsfähigkeiten sowie ihre Rechte am Arbeitsplatz auf. Wir vermitteln ihnen Wissen zu ihren Verantwortungsbereichen und unterrichten sie über Gesundheit und Hygiene.“

„Für viele von ihnen ist es die erste Arbeit und sie wissen unter Umständen nicht, wie sie beispielsweise Urlaub beantragen. Aus diesem Grund ist es wichtig, ihnen beizubringen, wie sie in bestimmten Situationen zu sprechen haben, wie die Kommunikation zwischen Kolleginnen und dem Management verbessert werden kann und wie sie neue Arbeitskräfte in der Fabrik willkommen heißen. Wir informieren sie auch über ihre Rechte und Pflichten, denn viele von ihnen wissen nicht, wie wichtig es ist, das Anstellungsschreiben zu lesen und die Arbeitsbedingungen zu kennen. Dabei versuchen wir, die Fabrikleiterinnen stets miteinzubeziehen, damit auch wirklich alle das Gefühl haben, Teil des Programms zu sein. Wir setzen auf einen teamorientierten Ansatz.“

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„Ein weiteres Projekt, das wir im Rahmen der effektiven Kommunikation und dem Wohlbefinden am Arbeitsplatz durchführen, heißt My Space. Bei diesem Projekt wählen wir einige Managerinnen aus, die eine enge Verbindung zu den Arbeitskräften haben, und ihnen vermitteln, wie sie am besten miteinander kommunizieren und ihre Kolleginnen in der Fabrik unterstützen. Das Projekt wird gemeinsam mit den Ärzten vom St. John’s Medical College durchgeführt, die die Teilnehmerinnen ebenfalls darin schulen, richtig zuzuhören und effektiv zu kommunizieren. Die Arbeiterinnen haben erkannt, dass es bei diesem Projekt einfach ums Zuhören geht. Sie können für einen Moment alles stehen und liegen lassen und sich öffnen. Es hat sich als ein wirklich nützliches Projekt erwiesen, und viele Arbeitskräfte haben diesen Service bereits genutzt.“

Ein besonders interessanter Aspekt an der Arbeit von Ann und ihrem Team ist, dass sie damit nicht nur die Arbeiter*innen ansprechen, die Produkte für Primark herstellen, sondern alle Arbeitskräfte in der Fabrik, die ihr Wohlergehen und ihre Arbeitsweisen verbessern möchten. Die große Frage ist: Was passiert, wenn Ann und ihr Team die Fabrik verlassen? Wie werden die Projekte aufrechterhalten?

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„Die kontinuierliche Ausbildung der Arbeiterschaft und des Managements ist uns sehr wichtig und in diesem Rahmen führen wir auch ein Programm namens 'Training of Trainers' durch. Um die Zukunftsfähigkeit zu gewährleisten, wählen wir Arbeiter*innen aus, die die Fähigkeit besitzen, Schulungen in der Fabrik durchzuführen. Unsere Strategie dabei ist, dass die Projekte einfach, skalierbar und tragfähig sind. Das heißt, sie müssen leicht verständlich sein und Probleme werden noch vor der Standardisierung und dem Ausbau der Projekte behoben.“

Um die Größenordnung dieser Projekte zu verstehen, wollten wir von Ann wissen, wie viele Fabriken sie regelmäßig besucht, und wie häufig sie das tut. „Wir führen unsere Projekte in 24 Fabriken durch und besuchen diese regelmäßig, um zu sehen, wie das Programm von selbst läuft. Wir führen bis zu 130 Besuche in diesen 24 Fabriken durch und verwirklichen jeden Monat Projekte.“

Im Gespräch wird deutlich, dass Ann sehr viel daran liegt, die Dinge zu verändern und etwas zu bewirken. Welche Veränderungen konnte sie durch diese Projekte bereits erreichen? „Die Arbeiter*innen trauen sich nun, vor und mit dem Management zu sprechen. Anfangs waren sie sehr schüchtern. Sie standen draußen und blickten nur herein, aber seit den Projekten setzen sie sich mit dem Management an einen Tisch. Sie stellen die unterschiedlichsten Fragen, beispielsweise wie denn ihre soziale Absicherung aussehe oder wie hoch ihr Lohn sei und ob sie nähere Informationen dazu bekommen könnten.“ Das nenne ich Empowerment!

Da nicht alle Arbeiter*innen lesen können, vermitteln Ann und ihr Team die Konzepte auch durch Spiele. Somit kann gewährleistet werden, dass jeder die Kurse versteht und unabhängig seines Bildungsstandes daran teilnehmen kann. Es gibt verschiedene Schulungsmethoden, von Gruppengesprächen über Rollenspiele bis hin zu Schauspielereien.

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Gibt es Arbeitskräfte, die sich besonders stark in Anns Gedächtnis eingeprägt haben, weil sie ihr Leben komplett umkrempeln konnten? „Es gibt da eine Frau, die zur wirklichen Minderheit gehört. In Indien kann einen auch die Religionszugehörigkeit zur Minderheit machen und wenn man dann noch aus armen Verhältnissen kommt, ist die Diskriminierung gleich zweifach. Diese junge Frau wollte an einer Ausbilderqualifizierung teilnehmen, nachdem sie aktiv an einem der Projekte beteiligt war. Sie hatte noch nie zuvor eine Schulung durchgeführt und wir waren nicht sicher, ob sie es schaffen würde, wollten ihr aber trotzdem die Chance geben.“

„Als wir letzte Woche Besuch von den Store Directors von Primark erhielten, wollten sie sich die Projekte näher ansehen. Mir war etwas mulmig, da ich die Frau selbst noch nie in einer Schulung gesehen habe und ich mir nicht sicher war, wie sie sich in Anwesenheit der Store Directors fühlen würde. Aber sie war so selbstbewusst. Die Schulung drehte sich interessanterweise um Arbeitsrechte, bei denen auch juristische Aspekte besprochen wurden. Es war eine der schwierigeren Schulungen, die es zu vermitteln galt, und ich muss sagen, dass sie sie absolut souverän gemeistert hat. Sie hat die Arbeiter*innen sehr gut angeleitet und ich konnte auch eine Veränderung in ihr sehen. All das war das Ergebnis der Projekte, die wir mit ihr und den anderen Arbeitskräften durchgeführt haben.“

Erstaunlicherweise hat Ann bei ihrer Reise nach London zum ersten Mal die Gelegenheit gehabt, einen Primark Store zu besuchen. Und wie fand sie es? „Ich wünschte, die Frauen in den Fabriken könnten die Freude in den Gesichtern der Kundschaft bei Primark sehen. Normalerweise sehe ich nur die Leute hinter den Produkten und ich wollte den Kund*innen so gerne die Fotos von den Näherinnen auf meinem Handy zeigen.“

Zum Abschluss fragte ich Ann, wie sie es schafft, in ihrem Job so leidenschaftlich zu bleiben. „Es sind die Veränderungen! Die Arbeiterinnen haben ein Lächeln auf dem Gesicht und sie zeigen voller Leidenschaft, was sie gerade gemacht haben. Jedes Mal, wenn ich vor einer neuen Herausforderung stehe und nicht weiß, wo es langgehen soll, halte ich mir vor Augen, dass ich die Arbeiterinnen in unserer Lieferkette mit dem, was ich tue, stärke und weiterbilde, und das hilft mir.“